Reisebericht der Konzertreise unseres Männerchores nach Budapest (Ungarn)
- 15. bis 21. September 2003 -
Am Montag, den 15.9., traf sich die Reisegruppe gegen 7 Uhr schon erwartungsvoll und frohgelaunt am Eppsteiner Bahnhof. Die S-Bahn beförderte alle pünktlich zum Frankfurter Hauptbahnhof, wo uns der EC 25 nach Budapest-Déli pu (Südbahnhof) in einem Großraumwagen aufnahm.
Bei schönem und warmem Wetter startete der Zug pünktlich um 8:19 Uhr in Richtung Ungarn. Die Stimmung war gut und gegen 10 Uhr setzte sich der erste Spähtrupp in Richtung Speisewagen in Bewegung. Größere Gruppen folgten gegen 11 Uhr, um Hunger und vor allem den (Bier-)Durst zu stillen.
Einige Zeit später griff die Müdigkeit um sich und für eine Weile war Ruhe eingekehrt.
Nachdem die Lebensgeister wieder geweckt waren, erreichte der Zug fremde Gefilde und wir näherten uns Wien. Die Landschaft wurde interessant, wir fuhren schon an der Donau entlang.
Ab Wien fiel die Klimaanlage in unserem Reisezugwagen aus. Von da an nahm die Temperatur saunaartige Züge an. In Ungarn, nach einem problemlosen Grenzübergang, hatte man den Eindruck, dass auch der Sauerstoff abnahm. Trotz dieser kleinen Mängel erreichten wir pünktlich nach 10½ Stunden und 977 Bahnkilometer Budapest.
Dort übernahm Frau Agnes Richter – eine vitale, sprachgewaltige 78-jährige Dame - das Kommando und brachte uns per Bus zum Hotel »Flamenco«. Das Hotel entsprach unseren Erwartungen, auch die Zimmer waren schön. Nach einem guten Abendessen wurden teils die Zimmer aufgesucht oder noch das Bier getestet. Alle waren gespannt auf den nächsten Tag.
Anmerk.: Die einzelnen Abschnitte können durch Anklicken der Überschriften geöffnet und geschlossen werden.
Am 16.09. nach dem Frühstück starteten wir um 9 Uhr zur Stadtrundfahrt.
Unser Weg führte über die Elisabeth-Brücke, einer modernen Kabelbrücke ohne Pfeiler in der Donau und 308 m lang, zum neugotischen Parlamentsgebäude im Stadtteil Pest.
1873 wurde aus Altbuda, Buda und Pest die Hauptstadt von Ungarn: Budapest. Buda ist der hügelige Teil der Stadt mit dem Johannisberg (595 m hoch) und dem Gellertberg (236 m hoch).
Vor dem Parlament übernahm uns eine Fremdenführerin, die uns in gutem Deutsch die Geschichte des Hauses näher brachte. Das größte Bauwerk Ungarns ist ständiger Sitz des Landtags. Der neugotische Gebäudekomplex entstand nach den Entwürfen von Imre Steindl zwischen 1884 und 1902. Er besteht aus 691 Räumen, ist 268 m lang und seine Kuppel reicht 96 m in die Höhe. Seit dem Jahr 2000 können dort die ungarischen Krönungsinsignien, die Stephanskrone, das Zepter, der Reichsapfel und das Schwert aus der Renaissancezeit besichtigt werden. König Stefan wurde im Jahre 1000 zum ersten König von Ungarn mit dieser von Papst Silvester II. gesandten Stephanskrone gekrönt. Im Jahre 1083 wurde König Stefan, der Landespatron Ungarns, heilig gesprochen.
Beeindruckend in diesem Prachtbau ist die Ausstattung mit wertvollen Hölzern, Blattgoldarbeiten, Malereien und wunderschönen farbigen Fenstern. Interessant sind die im Flur angebrachten Zigarrenhalter, da im Plenarsaal nicht geraucht werden darf.
Gemälde von Károly Lotz und Statuen von György Kiss schmücken die Wände um die Freitreppe, die heute nur für Staatsempfänge verwendet wird.
Nach der Parlamentsbesichtigung sind wir über die Margarethenbrücke, von der wir auch die Margaretheninsel sahen, nach Buda zur Matthiaskirche und zur Fischerbastei gefahren, von der wir einen wunderbaren Blick über die Donau und Pest hatten.
Unter uns lag z. B. die Kettbrücke, welche die älteste Brücke von Budapest ist. In den Jahren 1839-1849 wurden die Bauarbeiten von Adam Clark nach Plänen von Tierney Clark ausgeführt. Auftraggeber für diese Brücke war Graf Istva'n Szèchenyi.
Die über siebenhundert Jahre alte Matthiaskirche ist eine Krönungskirche: z. B. wurden dort Kaiserin Elisabeth (Sissi) und Kaiser Franz Josef I. gekrönt. Ab 1541 diente sie allerdings lange als türkische Moschee. Nach der Befreiung von den Türken wurde sie wieder eingeweiht.
Zwischen Matthiaskirche und den Ruinen des alten Dominikanerklosters ist das Hilton Hotel integriert.
Die Fischerbastei ist ein relativ neues Bauwerk. Sie wurde 1895 an der Stelle errichtet, wo im Mittelalter der Fischmarkt war. Daher die Benennung.
Frau Agnes führte uns dann durch die Budaer Bürgerstadt mit den alten und zum Teil wieder aufgebauten Häusern im Barock- und Renaissancestil. Die Häuser wurden zum Teil im zweiten Weltkrieg, danach aber 1956 während des Ungarnaufstandes von den Russen zerstört. Es gab damals viele Tote.
Nun brachte uns der Bus auf den Gellertberg. Die dortige Zitadelle erinnert an die habsburgische Unterdrückung nach dem Unabhängigkeitskampf 1848/1849, das Freiheitsdenkmal schuf der Bildhauer Stróbl mit einer 14 m hohen Statue, die 1947 zur Erinnerung an die Befreiung des Landes aufgestellt wurde. Am Fuße der Frauengestalt mit dem Palmzweig stehen zwei kleinere Statuen, die Allegorien des Fortschritts und des Kampfes mit dem Bösen. Am Freiheitsdenkmal war der Russenstern währen der 45-jährigen Besatzungszeit angebracht. Dieser wurde nach der Wende 1989 / 1990 entfernt, worüber sich Frau Agnes noch heute von Herzen freut. Interessant ist auch, dass alle ungarischen Fahnen in der Mitte ein Loch aufweisen. Dort haben die Ungarn Hammer und Sichel herausgeschnitten.
Am Südhang des Gellertberges gegenüber der Elisabethbrücke erhebt sich das Denkmal des heiligen Märtyrerbischofs Gellèrt. Der Legende nach haben die heidnischen Ungarn den missionierenden Bischof von dort aus in einem Holzfass in die Donau geschleudert.
Vom Gellertberg aus hatten wir eine schöne Aussicht auf das Gellèrtbad mit 5-Sterne Hotel, die Technische Universität und die Insel Zsèpl.
Langsam knurrte der Magen und wir fuhren wieder nach Pest in die 1890 nach Plänen von Samu Pecz errichtete Markthalle. Eine sehr große Halle, in der alles feilgeboten wird was das Herz begehrt. Etliche Salamis, Pik und Herz, wurden dort erstanden. Wir nahmen einen Imbiss ein. Es gab Marillenschnaps, Rot- und Weißwein, diverse Sorten Salami und Käse sowie Paprika und ein köstliches Fladenbrot.
Gut gestärkt brachte uns der Bus durch Pest über Ostbahnhof, Galopprennbahn und Sportstadion, vorbei an diversen Botschaften, dem Verkehrsmuseum, dem Vergnügungspark (großer Stadtpark), der Artistengalerie, dem Zoo, vorbei am berühmten Restaurant und Café »Gundel« zum Heldenplatz mit dem Grab des unbekannten Soldaten und der Millenniumssäule.
Die Säule ist 36 m hoch, auf der der Erzengel Gabriel die heilige ungarische Krone und das apostolische Doppelkreuz hält. Die Säule ist von rechts und links durch viertelkreisförmige Kolonnaden umgeben. Zwischen den einzelnen Säulen sind Bildnisse ungarischer, historischer Größen aufgestellt. Die Eckpfeiler sind mit allegorischen Statuengruppen geschmückt. Rechts und links an beiden Seiten des riesengroßen Platzes stehen die Gebäude der Kunsthalle bzw. das Museum der Bildenden Künste. Frau Agnes erzählte uns die Geschichte Ungarns.
Von dort fuhren wir zum Opernhaus, das wir auch von innen besichtigten. Das Opernhaus ist eines der schönsten Baudenkmäler der Hauptstadt. Es ist ein im italienischen Renaissance-Stil erbautes Werk von Miklós Ybl. Es kostete 3,3 Mio. Goldforint und durfte laut Kaiser Franz Josef I. nicht größer sein als das Wiener Opernhaus. Nur ungarische Künstler und Bauhandwerker durften beschäftigt werden. Am 27.9.1884 wurde das Haus eröffnet mit der Oper Bánk Bán, von Ferenc Erkel, im Beisein von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth in der prächtigen Kaiserloge.
Auf der linken Seite des Zuschauerraumes ist eine Loge, in der Kaiserin Elisabeth saß, wenn sie alleine die Oper besuchte. Die Decke des Zuschauerraumes schmückt eine neubarocke Freske mit Apollo und Göttinnen. Der Umfang beträgt 45 Meter. Der Kronleuchter stammt aus Mainz und wiegt 2,5 Tonnen. Den Kranz der der Decke schmückt rundherum ein Puttenorchester. Man erzählt die Legende, dass die Putten jede Nacht aus der Oper des Vorabends eine Melodie spielen. Das Haus hat 1.260 Sitzplätze. Die Bühne ist 13,5 bis 26 m breit und 42 m tief. Die Akustik ist hervorragend. In den Jahren 1981-1984 wurde die Oper renoviert. Allein 2,7 kg Blattgold wurden verarbeitet. Die Bühnentechnik wurde modernisiert.
Seit 1996 gibt es immer am Faschingssamstag einen Opernball (war von 1934-1996 ausgefallen). 800,- EUR kostet eine Karte in der Loge sonst 8.000 Forint (ca. 35,- EUR) für Stehplätze.
Neben dem Zuschauerraum ist der Bertolan-Székely-Saal noch im Originalzustand. Ein roter Salon mit einem 51 m2 großen handgeknüpften Teppich. Die Holzvertäfelung ist sizilianische Eiche. Der erste Dirigent des Hauses ist Hans Richter, der auch in London, Wien und Bayreuth dirigiert. Die Marmorsäulen im Königstreppenhaus bestehen aus chienesischem Marmor.
Nach all diesen prächtigen Bauten und Sehenswürdigkeiten haben wir die Heimfahrt angetreten. Es gab einen kleinen Stau und Frau Agnes sagte: "Es haben sich zwei Autos geküsst."
Nach einem köstlichen Abendessen und einem Bierausflug im Parkrestaurant gegenüber dem Hotel fielen wohl alle todmüde ins Bett.
Unser Bus mit Janosch, dem Fahrer und mit Agnes war wieder pünktlich mit uns in Richtung Eger (lat. Agria, früher Erlau) abgefahren. In Buda fuhren wir an dem Königlichen Schloss vorbei, dem Wahrzeichen Budapests bzw. dem Wahrzeichen Ungarns. Zwischen dem 13. und dem 20. Jahrhundert wurde diese Burg immer wieder bekriegt und belagert. Nach den Türken saßen darin die Habsburger, der Palast wurde im Laufe der Jahrhunderte dreimal zerstört und immer wieder im Stil der jeweiligen Epoche aufgebaut. Seine heutige klassizistische Gestalt gewann der Palast nach dem 2. Weltkrieg. In seinen Gebäuden sind z. B. die Nationalgalerie, die Szèchenyi Nationalbibliothek, das Historische Museum und das Geschichtliche Museum untergebracht. Außerdem passierten wir den Eingang der Kapelle des Paulinerordens, die sich in einer Grotte des Gellertberges befindet. Als nächstes fuhren wir an dem sehr schönen Kurhaus von Budapest vorbei, welches zum Teil schon renoviert ist.
Dann ging es auf die N3 nach Eger. Die Stadt hat 80-90.000 Einwohner. Eger ist eine Barockstadt. Wir liefen am Szinház-Theater vorbei zur neoklassizistischen Basilika, welche die zweitgrößte katholische Kirche von Ungarn ist. Bei unserem Rundgang durch die sauberen und gepflegten Gässchen von Eger sahen wir die Burg, an der 1552 die Türken vorerst aufgehalten wurden. Jedoch ab 1595 war Ungarn 150 Jahre von den Türken besetzt. Ein Minarett, das nördlichste in Ungarn, zeugt noch heute von dieser Zeit.
In Eger gibt es eine Tabakfabrik, eine Stilmöbelfabrik sowie Weinkellereien (z. B. mit Erlauer Stierblut) und ein Thermalbad. Es gibt eine pädagogische Hochschule, in der Lehrer und Erzieher ausgebildet werden.
Weiter führte uns der Weg durch Eger zur Kirche St. Anton, in der Theo Beierlein seinen ersten Auftritt als Dirigent hatte. Da kein Tenor die Reise mit angetreten hatte, retteten drei Damen mit ihren schönen Altstimmen unseren Auftritt.
Anschließend fuhren wir in das »Tal der Schönen Frauen«, wo wir von drei zahnlosen älteren Frauen empfangen wurden. Das führte dazu, dass keine der anwesenden Vockenhäuser Frauen umgetauscht wurde. Der Spaß war riesig!
Das anschließende Mahl im »Weinkeller Kulácz«, einer typischen Czárda, war ein Erlebnis besonderer Art. Eine ungarische Kapelle untermalte mit Zigeunermusik ein opulentes Mittagessen.
Nach einer vorzüglichen Suppe gab es Krautwickel und Weinkraut mit Creme fraiche, Topfenstrudel, Apfelstrudel, Kaffee und vier diverse Sorten Wein, der aus Glasballons mit ganz dünnen, langen Hälsen ca. aus ½ m Entfernung in die Gläser eingegossen wurde. Kein Tropfen ging daneben. Ganz mutige ließen sich den Wein direkt in den Mund gießen. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Als Höhepunkt wurden ein Weingeneral und eine Weingeneralin gewählt. Ernst Menke und Walburga Fischer meisterten alle gestellten Aufgaben exzellent. Ernst Menke registrierte dabei, dass der Wein, den der Wirt bei dem Spiel selber trinken musste, noch besser als der sonst ausgeschenkte war.
Die Heimfahrt ging durch die schöne Landschaft des Matra-Gebirges. Um 18:30 Uhr waren wir zum Abendessen wieder im Hotel.
Wie immer starteten wir bei wunderschönem Wetter zur Fahrt nach Esztergom (22.000 Einwohner), das wir im laufe des Vormittags erreichten. Wir besichtigten die Basilika, welche die größte Ungarns ist. Sie wurde 1822-1856 im Neoklassizistischen Stil erbaut. Franz Liszt dirigierte damals das Eröffnungskonzert im Beisein von Kaiser Franz Joseph I. 1993 gab es in der Basilika einen Dachstuhlbrand, der Gott sei Dank nicht zu viel zerstörte. Auf der linken Seite der Basilika befindet sich die Bakócz Kapolna (Kapelle), die bereits1507 an anderer Stelle im Renaissancestil erbaut wurde. Sie wurde ab- und in Esztergom wieder aufgebaut. In der Krypta befindet sich das Grab von Kardinal Mindczenty (1892-1975), der 1956 beim ungarischen Aufstand in die amerikanische Botschaft in Budapest flüchtete. Diese konnte er jahrelang nicht verlassen.
Esztergom ist der Sitz der Kardinäle Ungarns. Während der Türkenbesatzung hielten sich die Kardinäle 150 Jahre lang in Pressburg auf. Esztergom wurde 973 gegründet. Die Stadt war die erste Hauptstadt Ungarns, in ihr wurde der erste König getauft, der heidnische Anführer Koppány geviertelt und an die Burgmauer geschlagen. Jahrelang residierten darin Könige und hohe Geistliche. Die Burg ist heute Museum. Die Stadtmauer ist gut erhalten. Dort gibt es viele Marktstände, an denen manch ein Andenken gekauft wurde.
Heutzutage gib es in Esztergom eine Fabrik für optische Geräte, eine Suzuki-Autofabrik, eine pädagogische Hochschule und ein Priesterseminar.
Oberhalb der Basilika auf einer Anhöhe hatte man den Blick auf die Donau mit der Marie-Valerie-Brücke, die Ungarn mit der Slowakei verbindet. Die Brücke ist erst seit zwei Jahren wieder geöffnet. Ebenso auf der Anhöhe steht ein modernes Monument zum Gedenken der Krönung des Hl. Stefan, dem 1. König von Ungarn. Agnes meinte: "Der schaut zu böse, er gefällt mir nicht."
Südlich von Esztergom wurde auf dem sich über der Donau erhebenden Hügel die Burg von Visegrád nach unserer Weiterfahrt sichtbar. Bei Visegrád verlief einst der Grenzwall des Römischen Reiches, der Limes. Überreste der Wachttürme sind an der Donau immer noch zu sehen. Vom Hang des Burgberges tut sich ein herrlicher Rundblick auf das Donauknie auf, den wir in einer Pause genießen konnten.
Weiter ging die Fahrt nach Szentendre. Die malerische Kleinstadt am Donauufer zieht viele Künstler an. Es gibt dort sieben Kirchen, 40 Museen, Ausstellungssäle und Galerien. Die Kirche Beograda ist eine griechisch-orthoxe Bischofskirche.
In Szentendre nahmen wir ein Mittagessen ein.
Von dort ging die Fahrt zurück nach Pest, wo wir den renovierten und restaurierten Stephansdom besichtigten. Dieser Dom ist mit seinen Fresken und Blattgoldverzierungen so wunderschön, dass man sprachlos verharrt. 1851 war der Baubeginn, 1867 übernahm der Architekt Miklós Ybl die Bauleitung, beendet wurde der Dom 1905 von József Kauser. In dem Gebäude klassizistischen Stils ist die wichtigste Reliquie der Ungarn zu finden, der Heilige rechte mumifizierte Arm des heiligen Königs Stefan. Berühmte Kunstwerke in der Kirche sind die Staturen von Alajos Stróbl sowie das Gemälde von Gyula Benczúr. Sein Bild stellt den Hl. Stefan dar, der Ungarn in den Schutz der Heiligen Jungfrau Maria empfiehlt.
Nach dem Abendessen und einem Gute – Nacht - Absacker fielen wohl alle wieder müde in's Bett.
Auch am Freitagmorgen ging es nach dem Frühstück mit dem Bus bei blauen Himmel und höherer Temperatur durch die fruchtbare Tiefebene Richtung Keczkemét. In dieser Ebene gibt es Maisanbau, Obstplantagen, Rapsfelder, Mohnanbau, Schweine- und Gänsezucht. Unterbrochen wird die Landschaft immer wieder durch kleine Pappel-, Kiefern- und Birkenwäldchen. Einzelgehöfte mit Ziehbrunnen liegen zerstreut zwischen großen Anbauflächen.
Frau Agnes unterhielt uns immer wieder mit kleinen Geschichten aus ihrem Leben. In der ungarischen Sprache gibt es nur einen Artikel. So erzählte sie von ihren Bemühungen, ihren Enkeln die deutsche Sprache beizubringen. Als sie ihnen erklärte, es heißt die Gabel, das Messer, der Löffel sagten die Enkel: "Das ist doch alles Besteck, diese Sprache lernen wir nicht, Oma."
So verging die Zeit im Flug. Gegen Mittag erreichten wir Keczkemét eine Stadt mit 160.000 Einwohnern. Keczkemét hat die Stadtrechte seit 1367. Es ist eine reiche Stadt, in der eine Maschinen-, eine Spirituosen- sowie eine Geflügel verarbeitende Fabrik für Arbeitsplätze sorgen. Keczemét hatte keine Stadtmauer, sondern war von Gräben umgeben, die später zugeschüttet wurden. So umgibt die Stadt ein Ring von Obstplantagen und kleinen Häusern, vielen Mühlenbetrieben und Speichern.
Keczkemét ist eine sehr schöne und saubere Stadt. Bei einem Rundgang konnten wir das schöne Rathaus mit seinem Glockenspiel bewundern und zur vollen Stunde seinem Spiel zuhören. Wir gingen durch die schönen Anlagen, die mit Blumen und Springbrunnen verschönert sind. Die Stadt hat viele Kirchen, evangelische, katholische und eine kalvinistische, eine Synagoge und eine Musikschule, die in einem schönen neuen Haus ihren Sitz hat.
Zur Mittagszeit brachen wir nach Lajosmizse auf und Frau Agnes erzählte uns beim Verlassen der Stadt, dass in den dortigen Akazienwäldern Honig gewonnen wird und auch sonst rege Jagd auf Rehe, Hirsche, Hasen und Fasane stattfindet.
Nach kurzer Fahrt waren wir in Lajosmizse angekommen und wurden mit Hefegebäck und Marillenschnaps empfangen. Mit Kutschen fuhren wir anschließend durch die Puszta. Eine Besichtigung der Stallungen schloss sich an. Mit Reitvorführungen ungarischer Pferdehirten ging das Programm weiter. Zum Essen strömten dann alle in das gemütliche Lokal, in dem uns, wie konnte es auch anders sein, eine Zigeunerkapelle empfing.
Es gab ein 3-Gang-Menue mit Gulaschsuppe, Schweinerückensteak, Kartoffeln, Reis, Gemüse und Dessert. Wein - weiß und rot - bis zum Abwinken. Die Kapelle brachte die Gäste im Saal, in dem auch noch andere Gruppen saßen, zum Singen und Schunkeln. Als Dankeschön sang der Chor zwei Lieder.
Um 16:00 Uhr traten wir mit viel Gesang die Heimfahrt an. Am Hotel angekommen sang der Chor zum Dank für Frau Agnes und Fahrer Janosch noch zwei Lieder. Agnes zerfloss fast vor Rührung. Zwei Umschläge mit entsprechendem Obolus wurden dabei überreicht.
Nach dem Abendessen im Hotel machten wir uns auf den Weg an die Donau zur Anlegestelle der Ausflugsdampfer. Bei einer einstündigen Rundfahrt auf der Donau genossen wir den unvergesslichen Anblick der berühmten Gebäude Budapests im abendlichen Lichterglanz. Frau Agnes ließ es sich nicht nehmen, uns zum Hotel zurück zu begleiten. So beschlossen wir einen erlebnisreichen und wunderbaren Tag.
Der Samstag war zur freien Verfügung. In kleineren Gruppen gingen die Teilnehmer - meistens zu Fuß – in die Stadt, um noch einmal die Markthalle oder andere Sehenswürdigkeiten zu genießen. Zwangsläufig lief man sich dabei ab und zu über den Weg. Stilvoll elegant konnte man z. B. im »Café Gerbeaud« Kaffee und Torte oder eine sonstige ungarische Spezialität genießen.
Der Abend klang in kleinen feuchtfröhlichen Gruppen (mit Unikum) aus.
Um 8:30 Uhr nahmen wir Abschied von Frau Agnes und dem Hotel. Mit dem Bus fuhren wir zum Bahnhof. Um 9:45 Uhr verließ der Zug EC 24 Budapest. Wieder funktionierte die Klimaanlage nicht. Es war bedrückend heiß. Gott sei Dank hatte der Speisewagen genügend Bier und andere Getränke an Bord. Erst in Nürnberg (nach bereits acht Stunden Fahrt) konnte ein Techniker Abhilfe schaffen. Leider fiel auch das Wasser in einer Toilette aus, so dass man dort eine große menschliche Hinterlassenschaft antraf! War nicht so toll!
Mit einer Stunde Verspätung wurden wir in Frankfurt am Main-Süd veranlasst, den Zug zu verlassen, da am Zugende keine zweite Lok angekuppelt war (war nicht vorhanden) und so der Zug den Hauptbahnhof Frankfurt am Main nicht anfahren konnte. Dieser Umstand erwies sich für uns als Glücksfall, da wir mit unserem Gepäck in die leere S2 einsteigen konnten.
So kamen wir alle spätabends glücklich und wohlbehalten wieder in Eppstein an.
Wir danken den Initiatoren dieser Reise, Richard Freidhof und Manfred Kilb, die zusammen mit unserem Vereinsvorsitzenden Roland Häuber und dem Reisebüro Kompass (Frau Riedl) diese Woche vorzüglich geplant und organisiert haben.
Es waren harmonische, erlebnisreiche und fröhliche Tage.
Alle Mitreisende danken Frau Ingeborg Hock für ihren schönen und interessanten Reisebericht.